Der eine oder die andere weiß ja schon Bescheid, dass wir uns eine Auszeit von der Auszeit gegönnt haben und für drei Wochen auf einem chilenischen Bauernhof/Guesthouse mitgearbeitet haben.
Ja, Auszeit von der Auszeit. Ein Reisepause sozusagen. Bei unserem Aufenthalt in Kila Leufu vor ein paar Wochen haben wir ja auch die Margot kennengelernt, die zusammen mit ihrer Tochter Charlotte ebenfalls ein Guesthouse samt Bauernhof betreibt. Dabei hat sie uns erzählt, dass es dort die Möglichkeit zu Working Holidays gibt, die immer wieder von Reisenden genutzt wird, die einfach mal eine Pause machen wollen. Gar keine schlechte Idee, dachten wir uns, irgendwie ist man von den ganzen neuen Eindrücken manchmal regelrecht erschlagen. Also die Margot angerufen, alles nochmal durchgesprochen, und schon waren wir wieder zurück in der Nähe von Pucón.
Und mitten drin im Betrieb des Hostals und mehr noch des Bauernhofs. Gleich am ersten Tag ging`s los mit Milch melken, Pferde einfangen (die waren aufs Grundstück des Nachbarn entfleucht), Pferde dann vorbereiten für „Mini Cabalgatas“ der anwesenden Kinder. Pferde an der Leine rund ums Haus führen und so weiter. Dann alles wieder abbauen und wegräumen. Un dia movido, sozusagen.
Cabalgatas haben wir dann natürlich auch gemacht, die erste war gleich ein besonderes Highlight. In der zweiten Woche hat es nämlich ziemlich viel geregnet, die Pferde mussten aber trotzdem auf ein anderes Grundstück übersiedeln, weil sie auf dem einen schon alles Futter abgegrast hatten. Wir haben also auf eine Regenpause gewartet, die Pferde gesattelt und wollten in aller Ruhe die 15 bis 20 Minuten al otro lado zurücklegen. Leider ist uns auf dem Weg eine Kuh entgegen gekommen, die dann vor uns auf die Hauptstraße geflüchtet ist. Das ist keine ganz ungefährliche Situation, also sind die Margot und die Charlotte abgestiegen und zu Fuß der Kuh hinterher. Wir zwei verblieben in der Zwischenzeit mit den fünf Pferden an der Kreuzung. Mit leicht erhöhtem Pulsschlag – entflohene Kuh, die beiden Expertinnen hinterher, wir keine Ahnung wie Pferde mit dieser Situation umgehen werden uswusf. Unnötig zu erwähnen, dass die Regenpause in der Zwischenzeit zu Ende gegangen war und wir daher auch schon ein wenig nass waren. Nach einer gefühlten halben Ewigkeit kamen dann aber Kuh samt Treiberinnen wieder zurück – alles gut. Nachdem wir die Pferde dann auch noch am richtigen Feld untergebracht hatten, nahmen wir für den Rückweg zu Fuß eine Abkürzung durch den Fluss – war ja schon egal weil eh schon alle nass (Allerdings ist das Wasser in diesem Fluss eiskalt, das ist gut zum Bierkühlen, wenn eine Touristengruppe kommt, aber zum durchwaten – naja – Kneipp läßt grüßen).
Aber ich greife vor. Das Highlight der ersten Woche war natürlich der Geburtstag von der Dagi. Stilecht gefeiert mit zwei Gängen Pasta, Kerzen, mehrsprachigem (und vielstimmigem)„Happy Birthday“ Gesang aller Anwesenden. Wieder mal ein Geburtstag, den wir ganz sicher nicht vergessen werden.
Die anderen Tage vergehen mit täglich neuen Eindrücken und Erfahrungen. Frühstück vorbereiten, Tiere versorgen, Einkaufen fahren, die Ruka* vorbereiten (für die schon erwähnten Touristengruppen) und vieles mehr.
Immer ein wichtiger Punkt ist das Futter für die Tiere. Wenn die Pferde schon ohne Pause fressen, dann wollen die Schweine natürlich nicht zurückstehen und fressen ebenfalls was das Zeug hält. Und so halten wir immer, wenn wir einkaufen fahren beim vegetarischen Restaurant école um die Küchenreste (vulgo Sautrank) abzuholen. Oder auch bei einer Frutteria, die ebenfalls Obst und Gemüse zum Schweinefüttern haben.
Das alles machen wir mit einem 94er Chevy (I foah oh auf 94er Chevy…), den wir gemeinsam mit der Margot gekauft haben.
Auto gekauft? Wie jetzt?
Eigentlich hatten wir für die drei Wochen ja einen, ebenfalls ziemlich legendären, Fiat Uno gemietet. Der reicht für uns aus, aber für den Betrieb des Hostals/Bauernhofs ist der nicht wirklich geeignet. Die Margot hat dann den Vorschlag gemacht gemeinsam eine gebrauchte Camioneta zu kaufen. Und weil es für uns letztlich egal ist wem wir das Geld für das Auto geben haben wir da natürlich zugesagt. Und ihr ist damit auch wesentlich mehr geholfen als dem Autoverleiher (den wir aber wirklich empfehlen können, der vermietet alte, aber gut funktionierende, Autos zu vernünftigen Preisen. Mit einem Platten muss man auf den hiesiegen Schotterstraßen schon mal rechnen).
Aber wir waren ja noch bei den Schweinen und ihrem Futter. Im Normalfall laufen die Schweine auf Ruka Rayen ja einfach in Wiese herum. Irgendwann haben sie dann aber angefangen den Garten aufzuwühlen und das geht dann doch ein wenig zu weit. Um dem Einhalt zu gebieten wurde allen Schweinen ein Piercing durch den Rüssel verpasst. Es tut ihnen behaupteterweise nicht weh, wirklich amused waren sie aber nicht. Da sie aber kurz nach der Prozedur schon wieder durch den Garten rannten und fraßen scheint es ihnen wirklich nicht geschadet zu haben.
Und immer noch vergehen die Tage wie im Flug – nach der Regenperiode hat sich der Sommer wieder durchgesetzt und es scheint täglich die Sonne vom meistens wolkenlosen Himmel. Glück für die anwesenden Touristen, die die Zeit jetzt wirklich genießen können. Und das tun auch wir. Zu uns beiden Helfern ist noch die Natalia gestoßen, die bis zum Ende der Saison bleiben wird und mit der wir uns auf Anhieb gut verstehen. Jetzt ist auch Zeit für einen größeren Reitausflug, 3 – 4 Stunden reiten wir durch die wirklich schöne Gegend, immer mit Blick auf die Vulkane. Unsere Reitkenntnisse sind immer noch bescheiden, aber wenigstens geht der Puls nicht mehr auf über 200 bpm wenn das Pferd mal selbständig beschließt ein paar Meter zu traben und nicht immer nur im Schritt zu gehen.
Es gäbe vermutlich noch viel mehr zu berichten bzw. zu bloggen über diese drei ungewöhnlichen Wochen – aber irgendwas müssen wir uns ja auch noch für zu Hause aufheben, nicht wahr?
Wir werden diese drei Wochen nie vergessen, zu vielfältig waren die Eindrücke und Erfahrungen, die wir hier gemacht haben. Vielfältig wie auch die Menschen, die wir hier kennengelernt haben und mit denen wir versuchen werden in Kontakt zu bleiben.
Am Sonntag, 16. Februar, sind wir mit dem sprichwörtlichen lachendem und weinendem Auge weitergefahren. Zuerst mit dem Nachtbus nach Santiago und von dort weiter mit Flugzeug nach Calama und dann wieder mit dem Bus nach San Pedro de Atacama.
Da sind wir jetzt für nächsten paar Tage, aber das ist, eh scho wissn – eine andere Geschichte.
Cordiales Saludos
* Ruka (Mapudungun für Haus, ist eine Holzhütte, die die Mapuche früher zum Wohnen, mittlerweile aber nur mehr für Zeremonien oder das allgegenwärtige Asado (Grillerei) nutzen. Das Vorbereiten der Ruka für diesen Event beinhaltet das Wässern des Bodens, weil sonst zu staubig, und natürlich das Anzünden eines Feuers, auf dem dann die Fleischstück zubereitet werden. Dazu wird hauptsächlich eine Holzart verwendet, die gute Kohlen liefert. Gegrillt wird über den Kohlen, während das Feuer weiter brennt und Nachschub liefert.